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Hundehaltung im frühen Kindesalter schützt vor Allergien und Asthma

Hunde sind für Kinder nicht nur Spielkameraden, sondern trainieren auch deren Immunsystem. Das fand das Forscherteam um Joachim Heinrich vom Helmholtz Zentrum München nun in einer groß angelegten Studie heraus. Mensch&Tier sprach mit Heinrich über die Studie und ihre Ergebnisse.

Im Rahmen Ihrer Studie haben Sie und Ihre Kollegen über 10.000 Kinder untersucht und befragt. Was war Ihr Interesse an diesem Thema?

Unser Ziel war es, Faktoren zu bestimmen, die das Auftreten von Allergien hervorrufen. Wir wollten herausfinden, welche Rolle beispielsweise Ernährung, Umwelt oder Verkehrsbelastung bei der Induktion von Allergien und Asthma spielen. Die Ergebnisse zur Haltung von Heimtieren geben also nur einen Teil unserer Forschung wieder.

Wie war die Studie konzipiert?

Bei unserer Untersuchung handelte es sich um eine prospektive, populationsbasierte Längsschnittstudie. Wir haben 10.000 Kinder vom Zeitpunkt ihrer Geburt an begleitet und sie bzw. ihre Eltern immer wieder zu ihrem Krankheitsgeschehen und ihrem häuslichen Umfeld befragt. 10 Prozent von ihnen besaßen einen Hund. Besonders häufig fanden die Untersuchungen und Befragungen im ersten Lebensjahr statt, da dies das wesentliche Zeitfenster für die Prägung des Immunsystems darstellt. Später haben wir die Kinder und ihre Eltern jährlich befragt und die Kinder in größeren Zeitabschnitten untersucht.

Wie kann man die wesentlichen Ergebnisse im Hinblick auf die Haltung von Hunden zusammenfassen?

Wir haben deutliche Anzeichen dafür gefunden, dass Kinder, die mit einem Hund aufwachsen, weniger Blutmarker für Allergierisiken aufweisen, als andere Kinder, insbesondere dann, wenn sie bereits innerhalb ihres ersten Lebensjahres Kontakt zu dem fremden Tier hatten. Ein regelmäßiger Kontakt zu einem Hund, etwa dem Tier des Nachbarn, hat dagegen keine Effekte gezeigt. Das Tier musste im Haushalt des Kindes leben. Dieses Ergebnis ist besonders interessant, da Allergologen Hundehaltung bisher als Risiko eingestuft haben. Doch nach unseren Erkenntnissen können wir diese Ansicht nicht teilen.

Wie erklären Sie den Zusammenhang zwischen Haustierkontakten in der frühen Kindheit und dem Auftreten von Allergien und Asthma im späteren Leben?

Wie und warum ein Hund im Haushalt das Immunsystem des Kindes gegen Allergien rüstet, können wir derzeit nicht erklären. Bisher hatten wir bestimmte Bakterien sowie Bakterienbestandteile, die ein Hund ins Haus trägt, unter Verdacht, den schützenden Effekt auszulösen. Doch wir konnten nachweisen, dass diese so genannten Endotoxine in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung sind. Eine Reihe anderer Faktoren aus dem Wohn- und Lebensstilumfeld könnten hier eine Rolle spielen. Doch eine konkrete Antwort müssen wir derzeit schuldig bleiben.

Können Sie aufgrund Ihrer Forschungen Eltern und Ärzten eine Empfehlung zur Hundehaltung in der Kindheit geben?

Wenn Kinder bereits eine nachgewiesene Hundehaarallergie haben, ist die Anschaffung eines Hundes nach wie vor nicht zu empfehlen. Ansonsten hat die Hundehaltung einen stark protektiven Effekt: Das Risiko, dass Kinder, die von Geburt an mit einem Hund im Haushalt aufwachsen, später an einer Allergie oder Asthma leiden, ist um 50 Prozent geringer als bei anderen Kindern. Es gibt also keinen Grund, Familien, in denen bisher kein Allergierisiko bekannt ist, von der Anschaffung eines Hundes abzuraten. Solange wir die Mechanismen, die die vermeintliche Schutzwirkung der Hundehaltung erklären, nicht kennen, ist andererseits die Hundehaltung zum Zwecke der Vorbeugung vor Allergien nicht zu empfehlen.

Dr. Joachim Heinrich leitet die Arbeitsgruppe Umweltepidemiologie am Institut für Epidemiologie des Helmholtz Forschungszentrums in München. In einer Langzeitstudie untersuchten Heinrich und seine Kollegen, welchen Einfluss Umweltfaktoren auf das Auftreten von Allergien haben. Ein Aspekt war dabei die Auswirkung der Haustierhaltung auf das Allergierisiko. Ein Überblicksartikelzu der Studie ist in der Fachzeitschrift Kinderheilkunde 03/2008 erschienen.

Kontakt:
Joachim Heinrich
Helmholtz Zentrum München, Research Unit Environmental
Epidemiology
E-Mail: joachim.heinrich@helmholtz-muenchen.de

 

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