Im Rahmen von Fachvorträgen und Diskussionsforen resümierten mehr als vierzig Wissenschaftler aus der Mensch-Tier-Forschung und den damit verbundenen Disziplinen den Stand der Forschung und legten Schlüsselthemen für weitere Untersuchungen fest. Einige dieser Fachbeiträge stellen wir Ihnen im Folgenden vor:
Positiver Einfluss bei Konflikten
In ihrem Referat „Der Puffer-Effekt von Heimtieren: Elterliche Konflikte und jugendliche Fehlentwicklungen” zeigte Elizabeth Strand vom College of Veterinary Medicine der University of Tennessee auf, welche positiven Effekte Heimtiere auf betroffene Kinder haben können. Denn: Konflikte zwischen den Eltern können sich negativ auf die kindliche Psyche auswirken. Gefühle von Schuld oder innerlicher Zerrissenheit können ebenso die Folge sein wie aggressives Verhalten gegenüber den Eltern oder anderen Kindern. Verschiedene Studien zu dieser Problematik haben gezeigt, dass die Bindung zu einem Heimtier positiven Einfluss auf die Selbstwahrnehmung des Kindes hat und sogar physiologisch entspannend wirken kann.
Beruhigende Wirkung bei Angst
Auch Kinder, die längere Zeit in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen verbringen müssen, können Traumata erleiden. Mara M. Braun von der School of Nursing der University of Texas stellte in ihrem Beitrag drei Studien vor, in denen die Wirkung von Tieren als Mediatoren im medizinischen und zahnmedizinischen Umfeld untersucht wurde. In allen drei dieser Studien wurde erfasst, wie angespannt und ängstlich die Kinder jeweils mit und ohne Begleithund waren. In jeder Studie ergaben sich vorteilhafte Werte, wenn ein Tier anwesend war. Dabei ließen sich jüngere Kinder durch die Interaktion mit dem Tier stärker von Anspannung und Angst ablenken als ältere Kinder. Begleit- und Therapiehunde können demnach eine wertvolle Unterstützung für medizinische und zahnmedizinische Pflegekräfte sein.
Zuverlässiger Freund in Vertrauensfragen
June McNicholas präsentierte eine Studie, in der ermittelt wurde, welche Rolle Heimtiere in den sozialen Netzwerken von Kindern spielen. Dabei erstellten 82 Kinder im Alter von sieben bis acht Jahren, die ein Heimtier zuhause hatten, sowie eine Kontrollgruppe aus 38 Kindern im gleichen Alter, aber ohne eigenes Haustier, eine Top-Ten-Liste ihrer wichtigsten Beziehungspartner. 90 Prozent der Heimtierhalter erwähnten ihr Tier innerhalb dieser Top-Ten-Beziehungen. Anschließend sollten die Kinder aus diesen zehn Beziehungspartnern denjenigen auswählen, mit dem sie fest definierte Situationen (z. B. Konflikte mit Geschwistern) meistern würden. Die Ergebnisse zeigten, dass Heimtiere eine besondere Rolle spielen in Bezug auf Wohlbefinden, Vertrauen, Stärkung des Selbstwertgefühls und Gesellschaft. Besonders, wenn es darum geht, jemandem ein Geheimnis anzuvertrauen oder Trost bei Krankheit zu finden, werden die eigenen Haustiere Erwachsenen vorgezogen. Auf der anderen Seite wurden die Tiere nicht als Unterstützung gewählt, wenn es um die Bewältigung praktischer Aufgaben ging, die Heimtiere nicht erfüllen können. Zusammengefasst kann die Beziehung zwischen Kindern und ihren Heimtieren charakterisiert werden durch ein hohes Maß an Unterstützung und Freundschaft bei nur geringem Konfliktpotenzial.
Bedeutende Rolle für die Entwicklung
Der Workshop gab einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Forschung auf dem Gebiet der Kind-Tier-Beziehung und machte deutlich, welche bedeutende Rolle Heimtiere in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen spielen. Zudem war die dreitägige Veranstaltung eine gute Plattform für den interdisziplinären und internationalen Austausch zu Forschungen auf dem Gebiet der Mensch-Tier-Beziehung.
Weitere Informationen zu allen Vortragsthemen:
www.anthrozoology.org/HAIworkshop