Studien & Projekte

Forschung zu Tieren

Mit den positiven Effekten in den Beziehungen zwischen Kindern und Tieren haben sich bereits viele Wissenschaftler beschäftigt. Auch im Weiterbildungsbereich, z. B. in der Sozialpädagogik, wird diese Thematik behandelt. Hier finden Sie einige Beispiele.

Pferde können Ängste von Kindern zügeln

Dunkelheit, Trennungen, enge Räume, fremde Menschen: Vieles kann Angst erzeugen. Fast alle Kinder und Jugendlichen erleben solche Phasen. Manchmal aber nehmen Ängste überhand und bestimmen langfristig den Alltag. Dagegen setzt ein amerikanisches Therapieprogramm auf Pferde – mit Erfolg, wie Begleitstudien zeigen.

Foto: Pexels

Zehn Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind von einer Angststörung betroffen, zeigt eine Erhebung des Robert Koch-Instituts. Damit gehören Angststörungen hier zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in dieser Altersspanne. Behandlungsangebote und therapeutische Fachkräfte sind allerdings knapp und die Wartelisten lang. Für Kinder mit leichten bis mittelschweren Angstleiden können speziell geschulte Reitcoaches und Pferde als Co-Therapeuten eine Alternative sein.

Übungen aus der kognitiven Verhaltenstherapie

Entwickelt wurde diese von einem amerikanischen Wissenschaftlerinnen-Team von der New York University, geleitet von der Kinder- und Jugendpsychiaterin Prof. Dr. Kimberly E. Hoagwood. Mehrere der sieben Expertinnen für Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie für Soziale Arbeit sind selbst zeitlebens enthusiastische Reiterinnen. Für das zehnwöchige Programm „Reining in anxiety“ haben sie ihr Wissen aus Beruf und Freizeitleidenschaft zusammengebracht: Die Behandlung soll Ängste im wahrsten Sinne des Wortes zügeln – durch Anti-Angst-Übungen aus der kognitiven Verhaltenstherapie, integriert in therapeutische Reitstunden. 

In begleitenden Studien haben die Forscherinnen 39 teilnehmende Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sechs und 17 Jahren sowie deren Eltern beziehungsweise Betreuer in den Wochen eins, sieben und zehn befragt, wie sie das Programm einschätzen: Wie steht es ums Stressempfinden, um Entspannung und die Gefühlskontrolle? Zusätzlich wurden entsprechende Biomarker gemessen, etwa die Werte des Hormons Cortisol und des Botenstoffs Oxytocin – per Speicheltest bei Mensch und Pferd. Zudem wurde per Videos der Stunden analysiert, inwieweit sich die Reitcoaches an die Programmvorgaben halten. 

Angstempfinden sinkt deutlich

Die Ergebnisse motivieren: Laut Einschätzung von Eltern und Betreuern sank das Angstempfinden der jungen Teilnehmer durch die Stunden mit dem Pferd deutlich. Zugleich erstarkte die Fähigkeit, die eigenen Gefühle zu regulieren. Was die Selbstwirksamkeit betrifft, wurde hingegen keine Veränderung bemerkt. 

Die körperlichen Daten untermauern das. Die Speicheltests zeigen, dass durch die Reitstunden das Stresshormon Cortisol sinkt und sich somit Unruhe und Angst verringern. Der Wert von Oxytocin hingegen steigt, also auch die innere Ruhe. Bei den Tieren hingegen verändern sich diese Werte nicht – so ist zu vermuten, dass sie durch ihre Rolle bei den Interventionen keine besonderen Belastungen erleben.

Zudem erzielten die Reitcoaches sehr hohe Werte hinsichtlich der Programmtreue. Durch spezielle Weiterbildungen für Lehrer im therapeutischen Reiten ließe sich somit die Breite an Fachpersonal erweitern.

So könnten dieses und ähnliche Reitprogramme bei kindlichen Ängsten viel bewirken – in milden Fällen womöglich als alleinige Intervention, in schwereren zum Beispiel als Überbrückung während der Wartezeit auf eine tiefergehende Therapie.

Kontakt: New York University (NYU) | Department of Child and Adolescent Psychiatry | Grossman School of Medicine | Prof. Dr. Kimberly E. Hoagwood | Kimberly.Hoagwood@nyulangone.org