Bildung mit Pferden

Die Diplom-Sportwissenschaftlerin Katharina Lipfert, selbst Pferdebesitzerin und Reiterin, sieht im Umgang mit Pferden viel pädagogisches Potenzial, das sich Institutionen wie Schulen und Betreuungseinrichtungen für Kinder zunutze machen können.

Pferde sind für die meisten Reiter keine Sportgeräte, sondern einmalige Freizeit- und Sportpartner. Sie senden eigene Bewegungsimpulse und geben dem Reiter eine direkte Rückmeldung auf dessen Bewegungen und Verhalten (vgl. Studie von Bergler/Hoff/Kienzle 2011).

Daher untersucht Lipfert (Foto) in ihrer Doktorarbeit im Fachbereich Sportwissenschaften der Universität Würzburg, welche Bildungsmöglichkeiten das Reiten und der Umgang mit Pferden und Ponys bieten. Die Untersuchung ist eingebunden in das Projekt ”Equinopädagogik“, das drei Jahre lang von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung gefördert wird.

Frau Lipfert, warum halten Sie Reiten für wertvoll für Kinder?
Wer reitet, ist nicht nur im Dialog mit dem Partner Pferd, sondern auch mit der Außenwelt. Man muss sich in ein anderes Lebewesen hineinversetzen und antizipieren, wie es auf seine Umwelt reagieren wird. Das lernt man so fast nur beim Reiten. Zudem werden die eigenen Bewegungsabläufe intensiv erfahren. Auch der Umgang mit Pferden bringt positive Effekte: Er bietet Kindern die Möglichkeit, arteigene Verhaltensweisen anderer Lebewesen zu entdecken und körpersprachliche Reaktionen zu interpretieren. Und angesichts der Verbreitung von Ganztagsschulen in Deutschland wird es immer wichtiger, Kinder zu Bewegung und Aktivitäten draußen zu motivieren.

Was untersuchen Sie in Ihrer Doktorarbeit?

Uns beschäftigen viele Fragen. Zum Beispiel, inwiefern Reiten selbstständiges Handeln, Eigenverantwortung und Fremdwahrnehmung fördert. Aber auch, wie Pferde optimal in Schulstrukturen integriert werden können und welche pädagogischen Ansprüche im Reitsport formuliert werden. Mit einer Umfrage unter Schulen, Reitvereinen und –betrieben wollen wir in einem ersten Schritt herausfinden, welche Projekte heute schon umgesetzt werden. Als Fazit wollen wir Ideen und Modelle anbieten, damit noch mehr Schulen nachziehen können.

In wie vielen Schulen steht Reiten schon auf dem Stundenplan?

Bislang haben wir rund 3000 Schulen angeschrieben. Etwa 300, also jede zehnte, berichtete von Projekten, die mit Pferden zu tun haben. Das können Wander- oder Schnuppertage sein, aber auch Reiten als Pflichtprogramm, in Projektwochen oder in der Talentförderung. Wir sammeln derzeit Best-Practice-Modelle, die sich besonders gut an Schulen umsetzen lassen.

Warum fördert die Deutsche Reiterliche Vereinigung Ihre Untersuchung?

Die Ganztagsschule, die sich in Deutschland immer mehr ausbreitet, stellt sowohl Schulen als auch Vereine und Sportverbände vor große Herausforderungen. Wenn Kinder und Jugendliche den ganzen Tag in der Schule verbringen, folgen hieraus neue Modelle für das Lehren und Lernen, aber auch entsprechende Konsequenzen für die Freizeit- und Nachmittagsgestaltung. Sportverbände müssen sich also Möglichkeiten erschließen, die ihnen erlauben, mit ihren Inhalten in die Schulen hineinzukommen.

Universität Würzburg Fachbereich Sportwissenschaften, Website: www.equinopädagogik.de