Meldung

"Wellensittiche zeigen Muster von Nähe und Distanz"

Die vier Wellensittiche sind geschätzte Co-Therapeuten in der psychotherapeutischen Gemeinschaftspraxis Altamira von Dr. phil. Elisabeth Frick Tanner und Dr. med. Robert Tanner-Frick. Mensch & Tier hat mit Elisabeth Frick Tanner über den Einsatz der Ziervögel gesprochen.

Mensch & Tier: Wie kamen Sie darauf, Ihre Wellensittiche auch therapeutisch einzusetzen?

Elisabeth Frick Tanner: Ich habe seit meiner Kindheit Vögel und liebe diese Tiere. Sie leben in einem eigenen Raum und dürfen darin rund um die Uhr frei fliegen. Unsere Klienten hören ihr Gezwitscher gleich, wenn sie zu uns in die Praxis kommen. Die fröhliche Geräuschkulisse lockert auf und macht besonders Kinder neugierig. Viele möchten die Vögel sehen und sich mit ihnen beschäftigen – was uns als Therapeuten viele Möglichkeiten gibt, um ins Gespräch zu kommen und unbeschwert einen guten Bezug zu den Klienten aufzubauen.

Was genau geschieht dann im Vogelraum?

Unsere vier Wellensittiche dürfen beobachtet, aber nicht angefasst werden. Sie haben einen Käfig, der als sicherer Zufluchtsort immer offen steht. Das ist auch sinnbildlich zu verstehen: Wir möchten, dass unsere Klienten auch unsere Praxis als geschützten Ort empfinden, an dem sie sich öffnen können. Die enge Bindung und die Achtsamkeit, die mein Mann und ich im Umgang mit unseren Vögeln pflegen, helfen vielen Menschen, Vertrauen zu uns als Therapeuten aufzubauen.

Welche therapeutischen Ziele verfolgen sie damit?

Viele unserer Klienten haben Kontakt- und Beziehungsprobleme oder leiden unter Bindungsstörungen und traumatischen Erfahrungen. Ihre Reaktionen, Empfindungen und Wahrnehmungen im Umgang mit den Wellensittichen können hilfreich in den psychotherapeutischen Prozess integriert werden. Gerade für Kinder ist es eine wichtige Erfahrung, die eigenen Impulse kontrollieren zu lernen und geduldig und ruhig zuzusehen, wie die Vögel interagieren. Da gibt es beispielsweise ein Sittichpärchen, das sehr liebevoll miteinander umgeht, aber auch einen Vogel, der eher Außenseiter ist. Diese Muster von Nähe und Distanz lassen sich sehr gut auf den Alltag der Menschen übertragen und thematisieren, beispielsweise durch Fragen wie „Wie fühlst du dich in deiner Klasse?“ oder „Wie zeigst du jemandem, dass du ihn magst?“. Durch das genaue Beobachten und Reflektieren erhalten wir Einblicke in prägende Erlebnisse, Beziehungs- und Bindungserfahrungen – und natürlich auch in Fantasien, Wünsche und Bedürfnisse.

Foto: © Tanner

Gemeinschaftspraxis Altamira Dr. phil. Elisabeth B. Frick Tanner
Iddastrasse 51
9008 St. Gallen
Schweiz
0041 712 453 825
www.tiergestuetzte-psychotherapie.ch

Neuigkeiten